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Zur Patentrechtsmodernisierung in Frankreich
Frankreich hat kürzlich sein Patentrecht tiefgreifend reformiert. Mit der sogenannten „Loi PACTE“ sind schrittweise verschiedene neue Maßnahmen in Kraft getreten.
Dazu gehört die Schaffung eines Einspruchsverfahrens vor dem französischen Patentamt INPI, die Stärkung des Prüfungsverfahrens durch die Einführung des Kriteriums der erfinderischen Tätigkeit und die Stärkung des Gebrauchsmusters.
1/ Die Einführung eines Einspruchsverfahrens vor dem INPI
Seit dem 1. April 2020 ist es nun möglich, gegen ab diesem Datum erteilte französische Patent Einspruch einzulegen. Die Einspruchsfrist beträgt 9 Monate ab Erteilung, wie in Deutschland und beim Europäischen Patentamt.
Wir empfehlen daher Unternehmen mit Frankreich-Bezug, auf ihrem Technikgebiet eine Überwachung der vom INPI erteilten Patente einzurichten, um bei Bedarf rechtzeitig Einspruch erheben zu können.
2/ Stärkung des Prüfungsverfahrens vor dem INPI
Seit dem 22. Mai 2020 werden französische Patentanmeldungen auch auf ihre Erfindungshöhe geprüft. Das INPI hat nun die Befugnis erhalten, eine Patentanmeldung wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückzuweisen.
In Verbindung mit dem Einspruchsverfahren wird diese Maßnahme die Qualität der französischen Patente und die Rechtssicherheit Dritter erhöhen.
Damit steigt das französische Patent vom Registerrecht in die Riege der vollumfänglich geprüften Schutzrechte auf.
3/ Stärkung des Gebrauchsmusters (Certificat d’utilité)
Seit dem 10. Januar 2020 beträgt die Schutzdauer eines französischen Gebrauchsmusters wie in Deutschland max. 10 Jahre ab Anmeldetag. Bisher betrug die maximale Laufzeit nur 6 Jahre.
Darüber hinaus ist es seit dem 11. Januar 2020 möglich, eine Gebrauchsmusteranmeldung in eine Patentanmeldung umzuwandeln. Der entsprechende Antrag muss innerhalb von 18 Monaten ab Anmelde- bzw. Prioritätstag gestellt werden. Bisher war nur das Umgekehrte möglich, d.h. die Umwandlung einer Patentanmeldung in eine Gebrauchsmusteranmeldung.
Das französische Gebrauchsmuster, das bisher nur ein Schattendasein führte, dürfte in Zukunft also häufiger genutzt werden. Zum einen, um wie in Deutschland bei Unsicherheiten bzgl. der Erfindungshöhe die nunmehr bestehende volle Patentprüfung zu umgehen, zum anderen, weil sich eine Gebrauchsmusteranmeldung nun nach Einreichung auch zu einer Patentanmeldung „veredeln“ lässt.
4/ Fazit
Wir werden in den nächsten Monaten und Jahren mit Spannung verfolgen, wie das INPI und die Berufungsinstanz, die Pariser Cour d’Appel, die neuen Bestimmungen in die Praxis umsetzen. Werden das Amt und das Gericht sich wie bisher meist an die Praxis und Rechtsprechung des Europäischen Patentamts anlehnen? Oder werden sie sich eher am UKIPO und/oder dem DPMA orientieren? Oder werden sie einen gänzlich eigenen Weg einschlagen?
Selbstverständlich werden wir Sie hierzu auf dem Laufenden halten. Wir stehen zur Verfügung, falls Sie zu diesem Thema rechtlichen Beistand benötigen.